Anstieg der Fehlzeiten in Deutschland: Eine Analyse der Gründe
Die Fehlzeiten in Deutschland haben in den letzten Jahren zugenommen und lösen Diskussionen in Politik und Wirtschaft aus. Wie die ZEIT ("Hoher Krankenstand in Deutschland - das sind die Gründe", 7. Januar 2025) berichtet, sind die Ursachen vielfältig und reichen von neuen Meldewegen bis hin zu gesellschaftlichen Veränderungen.
Ein zentraler Faktor ist die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) im Jahr 2021. Die digitale Erfassung führt laut Ärztepräsident Klaus Reinhardt (dpa, 7. Januar 2025) zu einer vollständigeren Dokumentation der Krankmeldungen. Bisher wurden Krankschreibungen, die bei den Krankenkassen eingingen, oft nicht an die Arbeitgeber weitergeleitet, wodurch die tatsächliche Anzahl der Krankheitstage in der Statistik unterschätzt wurde. Die DAK-Gesundheit bestätigt diesen Effekt in einer Studie (dpa, 7. Januar 2025) und quantifiziert ihn, abhängig von der Diagnose, auf etwa 60 Prozent.
Neben diesem Erfassungseffekt spielen auch gesundheitliche Aspekte eine Rolle. Die DAK-Studie (dpa, 7. Januar 2025) verweist auf vermehrte Erkältungswellen und Corona-Infektionen als Grund für einen Teil der gestiegenen Fehltage seit 2022. Auch Ärztepräsident Reinhardt beobachtet in seiner Praxis mehr Patientinnen und Patienten mit Infekten (dpa, 7. Januar 2025). Darüber hinaus hat sich der Umgang der Beschäftigten mit Infektionen geändert. Seit der Corona-Pandemie lassen sich mehr Menschen bei Erkältungen krankschreiben, um Ansteckungen zu vermeiden (dpa, 7. Januar 2025).
Ein weiterer Punkt ist die Praxis vieler Unternehmen, bereits am ersten Krankheitstag eine ärztliche Bescheinigung zu fordern. Dadurch gehen auch Menschen mit leichteren Erkrankungen zum Arzt, um die benötigte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten (dpa, 7. Januar 2025). Reinhardt bezeichnet dies als "künstlich gemacht" (dpa, 7. Januar 2025). Die Debatte um den Karenztag, also die Aussetzung der Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag, verstärkt diese Praxis zusätzlich. Während sich der Allianz-Chef dafür ausspricht, warnen Gewerkschaften und der CDU-Sozialflügel vor den Konsequenzen (dpa, 7. Januar 2025).
Auch psychische Belastungen und der demografische Wandel beeinflussen die Fehlzeiten. Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung führt in einer Analyse belastende Arbeitsbedingungen, Personalmangel und die zunehmende Digitalisierung als Stressfaktoren an (WSI, 1. Oktober 2024). Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zwar nicht öfter, aber aufgrund anderer Krankheitsbilder länger krank, was sich ebenfalls auf die Fehlzeiten auswirkt (WSI, 1. Oktober 2024).
Die Diskussion um die hohen Fehlzeiten ist komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Einflussfaktoren. Sowohl die veränderte Erfassungspraxis als auch die tatsächlichen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen müssen berücksichtigt werden, um wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Situation zu entwickeln.
Quellen:
- ZEIT ONLINE: Hoher Krankenstand in Deutschland - das sind die Gründe (7. Januar 2025)
- dpa: Meldung zum Rekordkrankenstand in Deutschland (7. Januar 2025)
- WSI: Mehr als Corona: Arbeitsbelastung, Personalengpässe und neue Erfassungsmethoden als Ursachen für hohe Krankenstände (1. Oktober 2024)