16.10.2024
Krankenkassenbeitrag steigt 2025 deutlich an

Gesetzlich Versicherte müssen sich auf höhere Kosten im Jahr 2025 einstellen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, soll der Krankenkassenbeitrag um 0,8 Prozentpunkte steigen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht kurzfristig keinen anderen Ausweg als eine drastische Beitragsanpassung.

Versicherte müssen sich 2025 auf höhere Beiträge einstellen: Der Krankenkassenbeitrag soll um 0,8 Prozentpunkte steigen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach macht Inflation und steigende Löhne, vor allem aber Ineffizienz im deutschen Gesundheitssystem für stark steigende Krankenkassenbeiträge verantwortlich. „Im nächsten Jahr werden die Beitragssätze in der Krankenversicherung um 0,8 Beitragssatzpunkte steigen“, kündigte der SPD-Politiker am Mittwoch an. „Das ist ein sehr starker Beitragssatzanstieg.“ Dies gehe zum einen auf Inflation und höhere Löhne zurück. „Das ist aber nur die halbe Wahrheit“, fügte Lauterbach hinzu. Das deutsche System sei sehr ineffizient und das teuerste Gesundheitssystem in Europa, obwohl die Qualität zum Teil nur mittelmäßig sei.

„Der einzige Ausweg aus der Spirale stetig steigender Beitragssätze sind schmerzhafte Strukturreformen, die wir über eine lange Zeit verpasst haben“, sagte der Minister. Er verwies auf die Krankenhausreform, die am Donnerstag vom Bundestag beschlossen werden solle. Dies sei die größte Krankenhausreform seit 20 Jahren. Ein Drittel der Krankenhausbetten stehe leer, es gebe sieben Milliarden Euro an Mehrausgaben: „Trotzdem kämpfen viele Häuser gegen die Insolvenz. Die Krankenhausreform ist dringend notwendig.“

Der Schätzerkreis der gesetzlichen Krankenversicherung hatte zuvor bereits erwartet, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2025 um 0,8 Punkte auf 2,5 Prozent steigen soll. Im Schätzerkreis sitzen Fachleute des Bundesgesundheitsministeriums, des BAS und des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV).

Konkret geht es um den Anstieg des sogenannten Zusatzbeitrages. Alle gesetzlich Versicherten haben den festen Beitragssatz von 14,6 Prozent – zur Hälfte getragen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Darüber hinaus erheben die aktuell 95 gesetzlichen Kassen zur Kostendeckung einen Zusatzbeitrag, der ebenfalls hälftig von beiden Seiten gezahlt wird.

Der Zusatzbeitrag ist unterschiedlich und liegt laut einer ständig aktualisierten GKV-Liste im Moment zwischen 0,7 und 3,28 Prozent. Eine Kasse ist darunter, die keinen Zusatzbeitrag erhebt. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag im August bei 1,78 Prozent, wie das Bundesgesundheitsministerium mitgeteilt hatte.

Die Prognose des Schätzerkreises ist nach GKV-Angaben eine theoretische Größe, die sich aus dem Verhältnis von laufenden Einnahmen und Ausgaben der Krankenkassen insgesamt ergibt. Die Ausgaben der Krankenkassen im Jahr 2025 werden demnach mit 341,4 Milliarden Euro veranschlagt. Auf Basis dieser Schätzung gibt das Gesundheitsministerium bis zum 1. November einen durchschnittlichen Zusatzbeitrag für das kommende Jahr bekannt. Die genaue Höhe legen die Krankenkassen dann aber jeweils für sich fest.

Deshalb lassen sich jetzt noch keine genauen Angaben zur tatsächlichen Höhe der Kosten für den Einzelnen machen. Rechnerisch würde eine Erhöhung um 0,8 Prozentpunkte bei einem Einkommen von 3000 Euro brutto im Monat 12 Euro weniger netto bedeuten - die anderen 12 zahlt der Arbeitgeber. Erhöht eine Kasse den Zusatzbeitragssatz, haben die Mitglieder ein Sonderkündigungsrecht.

Ökonomen warnen vor negativen konjunkturellen Nebenwirkungen durch die Anhebung der Beiträge. „Die steigenden Lohnnebenkosten entwickeln sich zu einem erheblichen Problem für den Standort Deutschland“, sagte der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. „Wenn die Politik nicht bald energisch gegensteuert, könnte dies die Investitionsneigung der Unternehmen und das Trendwachstum zusätzlich nennenswert beeinträchtigen.“

Die Kassen hatten schon Anfang September gewarnt, dass ihre Ausgaben im ersten Halbjahr noch stärker gestiegen seien als im ersten Quartal. Das Defizit sei auf mehr als 2 Milliarden Euro angewachsen und werde im Gesamtjahr bis zu 4,5 Milliarden Euro erreichen. Für eine auskömmliche Finanzierung hätte der Zusatzbeitrag für das laufende Jahr im Herbst letzten Jahres nicht bei geschätzten 1,7, sondern bei 2 Prozent liegen müssen, kritisierte der GKV-Spitzenverband. Er hatte außerdem mitgeteilt, dass er für 2025 von einem Zusatzbeitragssatz von mindestens 2,3 Prozent ausgeht.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums lagen die Ausgaben der Kassen im ersten Halbjahr bei 161,3 Milliarden Euro - ein Plus von 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen seien in den ersten sechs Monaten um 3,6 Milliarden Euro gestiegen und stellten damit einen maßgeblichen Treiber der hohen Ausgabendynamik dar, hieß es im September vom Ministerium. Steigende Fallzahlen und steigende Pflegepersonalkosten werden unter anderem als Gründe genannt. Außerdem seien die Ausgaben für Arzneimittel im ersten Halbjahr um 10 Prozent (2,5 Milliarden Euro) gestiegen.

Quellen:

Weitere
Artikel