19.10.2024
Aufbruch zu Transparenz und Heilung: Käßmanns Kampf gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche
Die Theologin Margot Käßmann äußert sich bestürzt über die Dimensionen des sexuellen Missbrauchs innerhalb der evangelischen Kirche. Als Reaktion auf die Ergebnisse der EKD-Missbrauchsstudie fordert sie einen baldigen Einblick in die bislang unter Verschluss gehaltenen Personalakten und plädiert für die Einrichtung einer von der Kirche unabhängigen Ombudsstelle für Betroffene. Dieser Vorstoß Käßmanns unterstreicht die Dringlichkeit einer transparenten und unabhängigen Aufarbeitung der Missbrauchsfälle. Die Forderung nach einer unabhängigen Ombudsstelle ist ein entscheidender Schritt, um den Opfern sexualisierter Gewalt eine Anlaufstelle zu bieten, an die sie sich ohne Angst vor Repressalien oder Vorurteilen wenden können. Eine solche Stelle könnte dazu beitragen, das Vertrauen in die Aufklärungsarbeit zu stärken und den Betroffenen die notwendige Unterstützung und Beratung zukommen zu lassen. Die EKD-Missbrauchsstudie hatte zuvor aufgedeckt, dass mehr als 2225 Opfer sexualisierter Gewalt innerhalb der evangelischen Kirche zu beklagen sind. Diese Zahl verdeutlicht das erschreckende Ausmaß des Missbrauchs und die Notwendigkeit einer konsequenten Aufarbeitung. Kritiker weisen darauf hin, dass die Studie möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs zeigt und dass eine umfassendere Untersuchung erforderlich ist, um das ganze Ausmaß des Missbrauchs zu erfassen. Margot Käßmann kritisiert die Machtstrukturen in der Kirche und betont die Wichtigkeit einer kritischen Hinterfragung des Amtsverständnisses. Die Idee des unantastbaren Pastors, der nicht infrage gestellt werden darf, sei ein absolut falsches Amtsverständnis. Täter sexuellen Missbrauchs hätten das Vertrauen des Amtes verspielt, und es sei schwierig, dieses Vertrauen wieder aufzubauen. Käßmann betont, dass in Zukunft jeder Verdachtsfall öffentlich gemacht werden müsse. Eine innerkirchliche Aufklärung reiche nicht aus, stattdessen müssten Verdachtsfälle an die Staatsanwaltschaft übergeben und Täter konsequent aus dem Dienst genommen werden. Die evangelische Kirche befindet sich in einem Prozess der Selbstreflexion und muss sich mit unangenehmen Fragen auseinandersetzen. Warum wurden Täter geschützt? Warum wurden Verbrechen vertuscht? Diese Fragen rücken ins Zentrum der Debatte um den Umgang der Kirche mit dem Missbrauchsskandal. Es wird deutlich, dass die Vergangenheit aufgearbeitet und in Zukunft anders gehandelt werden muss. Die EKD steht als Dachorganisation der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland vor der Herausforderung, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Strukturen zu schaffen, die Transparenz und Prävention gewährleisten. Die Forderung nach einer unabhängigen Ombudsstelle ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und zeigt, dass es innerhalb der Kirche Stimmen gibt, die sich für einen grundlegenden Wandel einsetzen.
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