Die Krise in der Automobilindustrie hat Mercedes-Benz erreicht. Gewinneinbrüche, Absatzrückgänge und Sparmaßnahmen prägen das Bild – die fetten Jahre scheinen vorbei. Wie die Zeit basierend auf einer Meldung der dpa berichtete, hinkt der Dax-Konzern den eigenen Ansprüchen hinterher. Doch was sind die Gründe für diese Entwicklung?
China war lange Zeit der wichtigste Absatzmarkt für Mercedes-Benz. Mehr als ein Drittel aller Pkw wurden dorthin exportiert. Wie der Autoanalyst Frank Biller von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gegenüber der dpa erklärte, war China die "Wachstumslokomotive" für den Konzern. Doch 2024 sank der Absatz in China deutlich. Besonders im Premiumsegment, das für Mercedes-Benz besonders gewinnträchtig ist, brachen die Verkaufszahlen ein. Wie die Zeit die dpa zitiert, gingen die Verkäufe im "Top-End"-Segment, zu dem Modelle wie der Mercedes-Maybach, die S-Klasse und die AMG-Modelle gehören, um 14 Prozent zurück. Stefan Reindl, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft, sieht als einen Grund dafür die Immobilienkrise in China, die vor allem die Käuferschicht für Premiumfahrzeuge getroffen habe. Zusätzlich habe der Wettbewerb durch einheimische Marken stark zugenommen, wie die Zeit berichtete.
Die Fokussierung auf Premium- und Luxusfahrzeuge wird von Experten unterschiedlich bewertet. Frank Biller von der LBBW hält die Konzentration auf diese Segmente grundsätzlich für richtig, bezweifelt aber die Positionierung als reiner Luxushersteller. Wie die Zeit ihn zitiert, seien die Gewinnspannen von Mercedes-Benz "weit weg von einem Luxushersteller". So lag die bereinigte Umsatzrendite im dritten Quartal 2024 bei nur 4,7 Prozent, verglichen mit 12,4 Prozent im Vorjahresquartal. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in der Luxusstrategie einen Verlust des Skalierungseffekts. Die Fixkosten könnten nicht auf größere Volumina verteilt werden. Das Risiko bestehe darin, dass das Portfolio nicht ausbalanciert sei und Rückgänge im Luxussegment den Konzern überproportional treffen, wie die Zeit Dudenhöffers Einschätzung wiedergab.
Auch bei der Elektrostrategie musste Mercedes-Benz einen Rückschlag hinnehmen. Wie Biller gegenüber der dpa ausführte, ruderte der Konzern zurück, "nachdem die Verkäufe deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben sind". Der Absatz vollelektrischer Pkw sank 2024 um 23 Prozent. Obwohl Mercedes-Chef Ola Källenius lange Zeit die "Electric only"-Strategie propagierte, wonach die Pkw bis Ende des Jahrzehnts – wo es die Marktbedingungen zulassen – vollelektrisch sein sollten, änderte er seinen Kurs und betonte die "strategische Flexibilität" beim Verbrenner. Der schnelle Umstieg auf E-Autos scheint damit vorerst nicht realisierbar.
Wie Motor1 berichtet, deutet vieles darauf hin, dass Mercedes-Benz seine Strategie erneut anpasst und sich im Jahr 2024 auf Volumenmodelle mit Verbrennungsmotoren konzentriert. In einem Händlermeeting in Las Vegas wurde kommuniziert, dass nach einem Jahr der Fokussierung auf Profitabilität nun das Absatzwachstum im Vordergrund stehe. Geplant sei eine erhöhte Verfügbarkeit von Benzin- und Hybridmodellen, insbesondere der C- und E-Klasse sowie der entsprechenden SUV-Modelle GLC und GLE. Diese sollen das Kerngeschäft des Konzerns stärken. Diese Anpassung steht im scheinbaren Widerspruch zur ursprünglichen Strategie, sich auf den Luxusmarkt zu konzentrieren. Allerdings plant Mercedes laut Car and Driver auch eine Vereinfachung der Modellpalette im Kompaktsegment, was den Abschied von Modellen wie der A-Klasse und B-Klasse bedeuten könnte.