19.10.2024
Neues Positionspapier der Grünen zur Migrations- und Sicherheitspolitik in Deutschland

Neues Migrationspapier: Jetzt sprechen die Grünen von einer Zeitenwende

In der aktuellen politischen Debatte über Migration und innere Sicherheit in Deutschland hat die Bundestagsfraktion der Grünen ein neues Positionspapier veröffentlicht, das eine grundlegende Neubewertung der Migrationspolitik fordert. Dieses Dokument kommt nur wenige Tage nach dem Anschlag eines abgelehnten syrischen Asylbewerbers in Solingen und thematisiert die Herausforderungen und Defizite in der deutschen Sicherheits- und Migrationspolitik.

Das achtseitige Papier, welches von den Grünen-Politikern Konstantin von Notz und Irene Mihalic verfasst wurde, kritisiert die gegenwärtige Sicherheitspolitik als veraltet und ineffektiv. Es wird darauf hingewiesen, dass die Innenpolitik in der Zeit nach dem Kalten Krieg von Wunschdenken geprägt war, welches die Realität der Sicherheitslage nicht ausreichend berücksichtigt hat. Die Autoren beschreiben die jüngsten Terroranschläge und die zunehmenden Einflussoperationen autokratischer Regime als direkte Folgen von „sicherheitspolitischer Naivität und Ignoranz“.

Die Grünen fordern in ihrem Papier eine „Zeitenwende“ in der Innenpolitik, die eine grundlegende Neuausrichtung der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Sicherheitsfragen umfasst. Sie kritisieren, dass Investitionen in die Sicherheit und die Wehrhaftigkeit des Rechtsstaats in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt wurden. Mihalic und von Notz betonen, dass es an der Zeit sei, die „Zeitenwende“ auch im Inneren entschlossen umzusetzen.

Ein zentraler Punkt des Positionspapiers ist die Forderung nach konsequenten Abschiebungen von nichtdeutschen Gefährdern. Die Grünen-Politiker argumentieren, dass die bestehenden gesetzlichen Grundlagen für Abschiebungen zwar vorhanden seien, jedoch oft nicht ausreichend umgesetzt werden. Sie fordern eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern, um die Abläufe zu optimieren und sicherzustellen, dass die Abschiebungen tatsächlich durchgeführt werden können.

Zusätzlich wird die Notwendigkeit einer Reform des Waffenrechts angesprochen, um die Befugnisse der Sicherheitsbehörden zu erweitern. Die beiden Politiker schlagen vor, verdeckte Ermittlungen in sozialen Netzwerken zu ermöglichen und den Austausch zwischen Polizei und Geheimdiensten zu verbessern, um potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.

Das Papier thematisiert auch die Rolle der Opposition in der aktuellen Debatte. Mihalic und von Notz werfen den Oppositionsparteien vor, nach schweren Straftaten oft wenig zielführende und reflexhafte Diskussionen zu führen. Sie rufen zu einem Schulterschluss der demokratischen Parteien auf, um gemeinsam an Lösungen für die bestehenden Probleme zu arbeiten.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Vorschlags ist die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen. Die Grünen-Politiker schlagen die Schaffung eines Sondervermögens vor, das als „Basisinvestition“ bezeichnet wird. Damit sollen die notwendigen Mittel für die Verbesserung der inneren Sicherheit bereitgestellt werden. Dies umfasst Investitionen in Personal und Technik der Sicherheitsbehörden sowie in die Ausländerbehörden und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.

Die Diskussion über die Migrationspolitik wird auch durch die aktuellen Zahlen zur Asylbewerberlage beeinflusst. In diesem Jahr ist die Zahl der neu gestellten Asylanträge im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Fünftel gesunken, was teilweise auf die geringere Zahl von Migranten zurückzuführen ist, die über zentrale Fluchtrouten in die EU gelangen. Dennoch bleibt die Belastung für die Kommunen hoch, und das Thema Migration spielt eine entscheidende Rolle in der politischen Diskussion, insbesondere im Hinblick auf bevorstehende Wahlen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass er zeitnahe Beratungen mit den Ländern führen wird, um die Migrationspolitik zu verschärfen. In diesem Kontext hat auch der Oppositionsführer Friedrich Merz Vorschläge für eine Zusammenarbeit in der Asylpolitik unterbreitet, was die Diskussion weiter anheizt.

Insgesamt zeigt das neue Migrationspapier der Grünen, dass die Partei bereit ist, sich den Herausforderungen der aktuellen Sicherheitslage zu stellen und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Migrations- und Sicherheitspolitik zu fordern. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, um zu beobachten, wie sich diese Diskussion in der politischen Landschaft Deutschlands weiterentwickelt und welche konkreten Schritte unternommen werden, um die vorgeschlagenen Reformen umzusetzen.

Die Debatte um Migration und Sicherheit in Deutschland ist komplex und vielschichtig. Sie erfordert ein ausgewogenes Vorgehen, das sowohl die Sicherheitsbedenken der Bevölkerung ernst nimmt als auch die humanitären Verpflichtungen gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden berücksichtigt.

Die Grünen scheinen mit ihrem Positionspapier einen wichtigen Schritt in Richtung einer umfassenderen und realistischeren Migrationspolitik gehen zu wollen, die sowohl die Sicherheit als auch die Integration von Migranten in den Fokus rückt.

Quellen: - F.A.Z. - ARD - Deutschlandfunk - Tagesschau - Süddeutsche Zeitung

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