Der Krieg in der Ukraine hat weitreichende Auswirkungen, darunter auch die Entstehung einer sogenannten "Schattenflotte" von Tankschiffen, die russisches Öl transportieren. Wie ein Rechercheprojekt mit Beteiligung von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung aufdeckte, wurden zwischen 2022 und 2024 mindestens 230 alte Tankschiffe von europäischen und amerikanischen Reedern an diese Flotte verkauft (FAZ). Der Großteil dieser Schiffe wird vermutlich eingesetzt, um westliche Sanktionen gegen Russland zu umgehen. Experten sehen in der Schattenflotte zudem ein erhebliches Umweltrisiko, da die Schiffe oft alt und in schlechtem Zustand sind und meist keinen ausreichenden Versicherungsschutz haben. Durch den Aufbau der Schattenflotte haben sich die Preise für gebrauchte Tankschiffe mehr als verdoppelt.
Der Verkauf von Tankern an die russische Schattenflotte ist legal, solange die neuen Eigentümer keine sanktionierten Unternehmen oder russische Firmen sind. Die Ermittlung der tatsächlichen Käufer ist jedoch oft schwierig, da sie sich hinter komplexen Unternehmensstrukturen verstecken oder in Ländern mit intransparenten Unternehmensregistern ansässig sind. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) betrachtet diese Entwicklung mit Sorge und betont, dass wirtschaftlicher Gewinn nicht auf Kosten von Sicherheit, Compliance oder Ethik erzielt werden darf. Mehrere deutsche Reedereien bestätigten den Verkauf von Tankschiffen, die nun zur Schattenflotte gehören, beteuerten aber die Einhaltung aller Gesetze und Vorschriften (FAZ).
Die Auswirkungen der Sanktionen auf die russische Wirtschaft und die Rolle der Schattenflotte bei der Umgehung dieser Sanktionen werden international diskutiert. Business Insider berichtet, dass die USA, Großbritannien und die EU zahlreiche Sanktionen gegen Schiffe der Schattenflotte verhängt haben. Einige Länder haben begonnen, sanktionierte russische Tanker von ihren Registern zu streichen, was deren Betriebsmöglichkeiten einschränkt. Durch das häufige Wechseln der Flaggen ("flag hopping") versuchen die Schiffe, den Sanktionen zu entgehen (Business Insider).
Die Kyiv School of Economics schätzt, dass die russischen Ölexporteinnahmen im November 2024 aufgrund der westlichen Gegenmaßnahmen um 1,1 Milliarden US-Dollar auf 14,6 Milliarden US-Dollar sanken (Business Insider). Gleichzeitig berichtet AP News, dass Russland durch die Schattenflotte und die Umgehung des Preisdeckels zusätzliche Einnahmen erzielt hat. Die Einnahmen aus dem Ölexport trugen im Jahr 2024 rund 30% zum russischen Bundeshaushalt bei (AP News).
Neben den wirtschaftlichen Aspekten gibt es auch Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit der Schattenflotte. Mehrere Vorfälle in der Ostsee, bei denen Unterseekabel beschädigt wurden, werden mit Schiffen in Verbindung gebracht, die mutmaßlich zur Schattenflotte gehören oder von Russland aus operieren (RFE/RL). Die Vorfälle verdeutlichen die Anfälligkeit der Unterwasserinfrastruktur und die Schwierigkeit, solche Aktionen eindeutig zuzuordnen. Experten warnen vor den Risiken, die von alternden und möglicherweise schlecht gewarteten Schiffen der Schattenflotte ausgehen, insbesondere im Hinblick auf Ölverschmutzungen und Sabotage (AP News).
Quellen: