18.10.2024
TaurusLieferungenSpaltenDieUnion

Außenpolitik: Die T-Frage der Union

Die Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine hat die deutsche Politik erneut erfasst. Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat die Forderung nach den Langstreckenwaffen bekräftigt und ein Ultimatum an Russland gestellt. Doch innerhalb der Union stößt diese Haltung auf geteiltes Echo, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Merz hatte im Bundestag gefordert, Russland ein Ultimatum zu stellen: Sollte Moskau nicht innerhalb von 24 Stunden die Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung einstellen, „dann müssen aus der Bundesrepublik Deutschland auch Taurus-Marschflugkörper geliefert werden“. Mit diesen Waffen könnten Ziele weit hinter der Frontlinie und auf russischem Territorium getroffen werden.

Besonders in den ostdeutschen Landesverbänden der Union ist die Unterstützung für Taurus-Lieferungen gering. Ein Unionsabgeordneter schätzt gegenüber der Süddeutschen Zeitung, dass bis zu einem Viertel der Fraktion nicht hinter Merz' Vorstoß steht. Die Sorge vor einer Eskalation des Konflikts und einem möglichen Kriegseintritt Deutschlands und der Nato ist groß.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kritisierte Merz' Vorstoß scharf. Es sei nicht verantwortlich, mit der Lieferung von Waffen zu drohen, sollte Russland bestimmte Forderungen nicht erfüllen. Dies sei eine „Eskalationslogik“, die nicht klug bedacht sei.

Innerhalb der Union gibt es jedoch auch Stimmen, die Merz' Vorstoß begrüßen. Insbesondere Abgeordnete, die eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine fordern, loben die klare Kante des Fraktionschefs. Merz habe die Position der Union gegenüber der eigenen Partei und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) deutlich gemacht, mit dem die CDU in Ostdeutschland über mögliche Koalitionen verhandelt.

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen verteidigte die Forderung nach Taurus-Lieferungen. Die Union sei in dieser Frage nie von ihrer Linie abgewichen, so Röttgen gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Die Tatsache, dass die Unionsfraktion nicht jeden Monat einen neuen Antrag auf Taurus-Lieferungen einbringe, bedeute nicht, dass die Partei ihre Position relativiert habe.

Röttgen widersprach auch der Darstellung von Kanzler Scholz, die Union habe ihre Forderung nach Taurus-Lieferungen vor den Landtagswahlen in Ostdeutschland nicht mehr vertreten. Die Union habe Scholz mit dieser Forderung „geradezu gejagt“, so Röttgen. Die Behauptung, die Union habe ihre Position vor den Wahlen nicht mehr vertreten, sei „schlicht falsch. Man könnte auch sagen: gelogen.“

Mit seinem Ultimatum an Russland hat sich Merz jedoch selbst unter Druck gesetzt. Sollte sich die militärische Lage für die Ukraine weiter verschlechtern, beispielsweise durch einen Wahlsieg Donald Trumps in den USA und ein Ausbleiben amerikanischer Waffenlieferungen, stünde ein möglicher Kanzler Merz vor der Frage, ob er seine Drohung wahr machen und Taurus-Marschflugkörper liefern würde – und damit das Risiko einer Eskalation des Konflikts eingehen würde.

Quelle: Süddeutsche Zeitung: https://www.sueddeutsche.de/politik/taurus-merz-union-scholz-ukraine-lux.FKAY8VteR2DRG4qEErQh9M

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