19.10.2024
Verhandlungen im Nahen Osten: Fortschritte in Sicht bei Geiseldeal und Waffenruhe

Krieg in Nahost: USA sehen Geiseldeal in Reichweite

Die Situation im Nahen Osten bleibt angespannt, während die USA eine Einigung zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln als nahezu erreicht betrachten. Nach Informationen der US-Regierung sind bereits 90 Prozent des Abkommens ausgehandelt, was die Hoffnung auf eine baldige Lösung nährt. Dennoch zeigt sich Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unnachgiebig, insbesondere in Bezug auf den Abzug israelischer Truppen aus dem Gazastreifen.

Ein hochrangiger Regierungsvertreter der USA erklärte, dass das Abkommen insgesamt 18 Absätze umfasst, von denen 14 bereits abgeschlossen sind. Es bleibt jedoch unklar, wie die Bedingungen für den Austausch von israelischen Geiseln und palästinensischen Häftlingen gestaltet werden können. Die Hamas hat erneut gefordert, dass mehr Druck auf Netanjahu ausgeübt wird, um Fortschritte zu erzielen.

In diesem Kontext hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock eine zweitägige Reise in den Nahen Osten unternommen. Sie betonte die Notwendigkeit eines humanitären Waffenstillstands, der sowohl zur Befreiung der Geiseln als auch zur Beendigung des Sterbens in der Region führen sollte. Baerbock wies darauf hin, dass es für die Situation in Gaza und im Westjordanland keine militärische Lösung gebe.

Die Rolle des Philadelphi-Korridors

Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen ist der Philadelphi-Korridor, ein etwa 14 Kilometer langer Streifen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. Netanjahu hat klargestellt, dass er an einer dauerhaften israelischen Militärpräsenz in diesem Gebiet festhalten will, um sicherzustellen, dass die Hamas keine Waffen in den Gazastreifen schmuggeln kann. Er argumentierte, dass die Räumung des Philadelphi-Korridors nicht zur Freilassung der Geiseln beitrage.

Die Gewalt eskalierte am 7. Oktober 2023, als die Hamas und andere islamistische Gruppen einen Angriff auf Israel starteten, bei dem mehr als 1200 Menschen getötet und etwa 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Israel reagierte mit Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Nach israelischen Angaben befinden sich noch 101 Menschen in der Gewalt der Hamas, wobei unklar bleibt, wie viele von ihnen noch leben.

Indirekte Verhandlungen und internationale Vermittlung

Die indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, an denen auch Katar und Ägypten beteiligt sind, kommen seit Monaten nicht voran. Ein US-Regierungsvertreter betonte, dass im Abkommen der Philadelphi-Korridor nicht explizit erwähnt wird. Allerdings sehe das Abkommen den Rückzug des israelischen Militärs aus allen dicht besiedelten Gebieten im Gazastreifen vor. Es gibt jedoch Uneinigkeit darüber, ob der Philadelphi-Korridor zu diesen Gebieten gehört.

In den letzten Wochen haben die Israelis einen Vorschlag unterbreitet, der eine erhebliche Reduzierung ihrer Präsenz im Philadelphi-Korridor vorsieht. Ein vollständiger Abzug der israelischen Kräfte ist jedoch erst in einer späteren Phase des Deals vorgesehen.

Netanjahus Position und internationale Reaktionen

Netanjahu hat in der Öffentlichkeit klargestellt, dass er nur über einen Abzug des israelischen Militärs sprechen kann, wenn jemand garantieren kann, dass die Hamas sich nicht über die Grenze zu Ägypten bewaffnen kann. Er äußerte, dass er dies nicht für möglich halte und dass Israel daher vorerst im Gazastreifen bleiben werde.

Kritiker werfen Netanjahu vor, die strategische Bedeutung des Philadelphi-Korridors zu überbewerten, um das Zustandekommen einer Waffenruhe zu verhindern. Sie befürchten, dass Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner Zugeständnisse an die Hamas ablehnen könnten, was die Stabilität seiner Regierung gefährden würde.

Die Hamas hat auf ihrer Webseite erklärt, dass sie keine neuen Vorschläge benötige und fordert stattdessen, Druck auf Netanjahu auszuüben, um die Einhaltung bestehender Vereinbarungen zu erzwingen. Mitglieder des UN-Sicherheitsrates haben ebenfalls Israel und die Hamas zu einer Einigung über eine Waffenruhe gedrängt, um das Leid der palästinensischen Zivilisten zu lindern.

Vorwürfe gegen die israelische Armee

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee, die systematisch landwirtschaftliche Flächen und Häuser im östlichen Gazastreifen zerstört haben soll. Amnesty fordert eine Untersuchung dieser Handlungen als mögliche Kriegsverbrechen. Das israelische Militär rechtfertigt die Zerstörungen mit dem Argument, dass sie zur Bekämpfung von Tunneln und anderer terroristischer Infrastruktur notwendig seien.

Die Lage im Gazastreifen bleibt kritisch, während die internationale Gemeinschaft weiterhin auf eine Lösung drängt. Die Menschenrechtslage und die humanitäre Krise verschärfen sich, und die Hoffnung auf Frieden und Stabilität in der Region bleibt fragil.

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