Der Weg zum Profifußballer ist steinig, besonders in Deutschland. Das zeigt das Beispiel von Nicolas Kühn, der einst in der zweiten Mannschaft des FC Bayern spielte und nun bei Celtic Glasgow in der Champions League gegen seinen ehemaligen Verein antritt. Wie die F.A.Z. berichtet, musste Kühn, ähnlich wie andere Talente wie Kenan Yıldız (Juventus Turin) oder Joshua Zirkzee (Manchester United), den Weg über das Ausland gehen, um den Durchbruch zu schaffen. Dies wirft die Frage auf, warum deutsche Talente, wie Kühn, der vom DFB als bester U-19-Spieler ausgezeichnet wurde, diesen Umweg gehen müssen.
Ralf Lanwehr, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Gesellschafter von International Football Concepts, der im Auftrag von DFL und DFB den deutschen Jugendfußball untersucht hat, sieht den Übergangsbereich zwischen 18 und 22 Jahren als entscheidend für die spätere Leistungsfähigkeit. Wie die F.A.Z. ihn zitiert, wird dieser Bereich „in anderen Ländern viel besser gemanagt als in Deutschland“. Lanwehr kritisiert die gängige Praxis deutscher Vereine, junge Spieler direkt in die erste Mannschaft zu werfen, in der Hoffnung, sie würden sich dort entwickeln. Diese Strategie, so Lanwehr gegenüber der F.A.Z., funktioniere nicht immer, da der Sprung aus der Jugend oft zu groß sei.
Deutsche Vereine, wie der FC Bayern oder Borussia Dortmund, seien zwar Experten darin, bereits ausgebildete Talente einzukaufen und zu Topprofis zu formen. Dies habe aber, laut Lanwehr in der F.A.Z., „nichts mit Jugendarbeit im engeren Sinne zu tun“. Der Nachteil sei, dass Plätze im Kader für im Verein ausgebildete Spieler blockiert würden. In Ländern wie Portugal oder Spanien werde im Nachwuchsbereich ein ganzheitlicheres Konzept verfolgt.
Ein weiteres Problem sieht Lanwehr im frühen Erfolgsdruck und dem mangelnden Vertrauen in junge Spieler, die nicht sofort Leistung bringen. Wie er der F.A.Z. erklärte, würden Trainer häufig nicht nach ihrer Fähigkeit, Talente zu entwickeln, sondern nach den Ergebnissen ihrer Mannschaft bewertet. Als positives Beispiel nennt er Real Sociedad, wo 80 Prozent der Nachwuchsspieler aus der Region stammen. Dort herrsche zwar auch Leistungsdruck, aber die Spieler würden nicht so schnell aussortiert.
Lanwehrs Lösungsansatz, laut F.A.Z., ist mehr relevante Einsatzzeit für junge Spieler, die sie in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern deutlich weniger bekämen. Er schlägt eine bessere Durchlässigkeit zwischen den Mannschaften der Vereine vor, auch mit der Möglichkeit, zwischen den Teams auf- und abzusteigen. Als Beispiel nennt er Benfica Lissabon, wo U-23-Talente in der zweiten Mannschaft spielen, U-19-Talente in der U 23 und so weiter. Dieses System ermögliche es Spielern, Erfahrung auf verschiedenen Ebenen zu sammeln.
Zusätzlich befürwortet Lanwehr laut F.A.Z. die Idee einer Begrenzung von ausländischen Spielern, um Anreize für Investitionen in den eigenen Nachwuchs zu schaffen. Die Kapitalrendite von Nachwuchsleistungszentren sei aktuell schlecht, da es Jahre dauere, bis sich Investitionen auszahlen. Da Sportvorstände in der Bundesliga im Schnitt nur dreieinhalb Jahre im Amt blieben, würden sie, so Lanwehr, durch langfristige Investitionen in die Jugend gegen ihre eigenen Interessen handeln.
GOKIXX, eine Plattform für Nachwuchsspieler, betont die Bedeutung von Expertise im Leistungssport und arbeitet mit Partnern zusammen, um die Herausforderungen der nächsten Spielergeneration zu meistern. Auch der DFB unterhält mit dem Talentförderprogramm ein umfangreiches System zur Förderung junger Talente, wie auf der DFB-Webseite beschrieben wird. Mit 390 Stützpunkten bundesweit und rund 1.200 Trainern werden jährlich etwa 22.000 Kinder und Jugendliche gefördert. Das Programm ist eng mit den Vereinen verzahnt und soll die Ausbildung im Verein ergänzen. Der DFB investiert jährlich rund zehn Millionen Euro in das Programm.
Talentpioneer, eine weitere Plattform zur Förderung von Fußballtalenten, bietet unter anderem Leistungsdiagnostik und die Möglichkeit für Scouts, Talente zu entdecken. Die IFA Germany, eine internationale Fußballakademie, verfolgt ein ganzheitliches Konzept der Talent- und Karriereförderung.
Quellen:
https://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/champions-league/fussball-talente-in-deutschland-haben-es-schwer-der-fehler-steckt-im-system-110290072.html
https://www.dfb.de/en/projects/talent-development-programme/
https://talentpioneer.de/
https://gokixx.de/