Die Nominierung von Richard Ferrand zum Präsidenten des französischen Verfassungsgerichts (Conseil constitutionnel) durch Präsident Emmanuel Macron hat in Frankreich eine Welle der Kritik ausgelöst. Wie die F.A.Z. berichtet, sorgt insbesondere Ferrands fehlende juristische Vorbildung für Misstrauen. Traditionell wurden zwar auch in der Vergangenheit politisch verdiente Persönlichkeiten an die Spitze des Conseil constitutionnel berufen, wie beispielsweise Laurent Fabius unter Präsident Hollande (F.A.Z.). Doch im aktuellen politischen Klima, mit dem wachsenden Einfluss des Rassemblement National (RN), wird die Ernennung eines engen Vertrauten des Präsidenten, ohne juristische Expertise, besonders kritisch betrachtet.
Wie der Tagesanzeiger erläutert, gilt Ferrand als „Grognard“ Macrons, ein treuer Weggefährte seit den Anfängen von „La République en Marche“. Diese Nähe zum Präsidenten schürt Bedenken hinsichtlich seiner Unparteilichkeit, besonders im Hinblick auf mögliche Entscheidungen, die Marine Le Pen betreffen könnten. Sollte Le Pen im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Veruntreuung von EU-Geldern verurteilt und für unwählbar erklärt werden, läge die Entscheidung über eine mögliche Aussetzung dieser Unwählbarkeit beim Verfassungsgericht. Eine solche Entscheidung durch Ferrand könnte, wie der Tagesanzeiger anmerkt, den Eindruck der Parteilichkeit erwecken und den Rechtsstaat weiter politisieren.
Die Kritik an Ferrands Nominierung kommt aus verschiedenen politischen Lagern. So bezeichnete der Fraktionschef der Republikaner, Laurent Wauquiez, Ferrands Profil als „problematisch“ (F.A.Z.). Auch Marine Le Pen äußerte sich kritisch und betonte, der Verfassungsrat dürfe „zumindest den Anschein von Neutralität haben“ (F.A.Z.). Ähnlich äußerte sich der sozialistische Parteichef Olivier Faure, der „ernsthafte Zweifel an den juristischen Kompetenzen und der Unparteilichkeit Ferrands“ anmeldete (F.A.Z.).
Ferrands Werdegang, wie ihn der Tagesanzeiger skizziert, zeigt einen Politiker, der lange Zeit ein Hinterbänkler der Sozialistischen Partei war, bevor er durch Gérard Collomb zu einem wichtigen Unterstützer Macrons Aufstieg wurde. Nach einer kurzen Zeit als Minister für die Regionen, die er aufgrund eines Justizskandals verlor, wurde er Präsident der Nationalversammlung. Diese Position hatte er für vier Jahre inne, bevor er bei der Wiederwahl ins Parlament scheiterte. Wie die Süddeutsche Zeitung in einem Artikel über den Regierungssturz von Michel Barnier Ende 2024 berichtet, wurde Ferrands Name auch als möglicher Premierminister gehandelt. Ferrand sorgte zudem für Aufsehen, als er sich für eine dritte Amtszeit Macrons aussprach - ein verfassungsrechtlich unzulässiger Vorschlag (F.A.Z.).
Die Anhörung Ferrands vor den Rechtsausschüssen der Nationalversammlung und des Senats ist für den 19. Februar angesetzt (F.A.Z.). Für eine Ablehnung seiner Nominierung ist eine Dreifünftelmehrheit erforderlich. Obwohl der Widerstand gegen Ferrand erheblich ist, bleibt abzuwarten, ob diese Hürde erreicht wird.
Neben Ferrand werden auch die langjährige Untersuchungsrichterin und Abgeordnete Laurence Vichnievsky sowie der Senator Philippe Bas für das Verfassungsgericht nominiert (F.A.Z.). Ihre Anhörungen finden ebenfalls statt.
Verwendete Quellen:
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/frankreich-ferrands-umstrittene-ernennung-zum-verfassungschef-110300505.html
https://www.tagesanzeiger.ch/macron-nominiert-ferrand-als-praesident-des-verfassungsgerichts-115293508136
https://www.sueddeutsche.de/politik/regierungssturz-frankreich-macron-sucht-premier-li.3161629
https://www.sueddeutsche.de/politik/frankreich-regierung-barnier-lux.QNc8fAeLZFH8aMckzBYoNJ