Die Zukunft der Hausarztpraxen in Nordrhein-Westfalen steht vor großen Herausforderungen. Der demografische Wandel führt zu einer steigenden Anzahl älterer Patienten mit chronischem Behandlungsbedarf, während gleichzeitig immer mehr Hausärzte in den Ruhestand gehen. Wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete, ist mehr als ein Drittel der Hausärzte in NRW über 60 Jahre alt, in Westfalen-Lippe sogar 40 Prozent. Oliver Funken, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Nordrhein, warnt vor einer „richtigen Welle“ an Ruheständen.
Diese Entwicklung verschärft den bereits bestehenden Ärztemangel, besonders in ländlichen Gebieten. Wie der Westen berichtet, befürchtet Funken, dass die gewohnte Versorgungsdichte mit den klassischen Strukturen nicht aufrechtzuerhalten sein wird. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) teilt diese Sorge und betont den hohen Anteil der über 60-jährigen Hausärzte (37 Prozent). Das Problem des Ärztemangels wird durch die steigende Zahl an Patienten weiter verstärkt.
Die Suche nach Nachfolgern gestaltet sich schwierig. Es gibt nicht genügend Medizin-Studienplätze in NRW, um die ausscheidenden Ärzte zu ersetzen. Als mögliche Lösung schlägt Funken Gemeinschaftspraxen vor, in denen ältere und jüngere Ärzte zusammenarbeiten und so einen allmählichen Übergang ermöglichen. Auch die KV Nordrhein setzt auf Innovation und Digitalisierung, um die Praxen zukunftsfähig zu machen. In ihrem Projekt "praxis4future" werden digitale Lösungen präsentiert und getestet, um die Patientenanmeldung, die Kommunikation mit Patienten und Kollegen sowie den Behandlungsraum der Zukunft zu optimieren.
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sieht in ärztlich geleiteten Versorgungszentren eine mögliche Lösung, wie die F.A.Z. berichtet. Ein Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung vor, wie die Tagesschau berichtet. Das bedeutet, dass Hausärzte für Mehrarbeit auch dann bezahlt werden, wenn das Budget ausgeschöpft ist. Zusätzlich sind eine jährliche Versorgungspauschale für die Behandlung chronisch Kranker und eine Vorhaltepauschale für Praxen geplant, die bestimmte Kriterien erfüllen, wie zum Beispiel erweiterte Öffnungszeiten.
Trotz dieser Maßnahmen bleiben Herausforderungen bestehen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) kritisiert das Gesetz, da es zwar zusätzliches Honorar für Hausärzte vorsieht, aber nicht zwangsläufig zu mehr Terminen für Patienten führt, wie der WDR berichtet. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußert Skepsis, ob es zu mehr freien Terminen kommt und ob das Gesetz die „notleidende Praxis auf dem Land“ ausreichend fördert. Der Hausärzteverband hingegen begrüßt den Wegfall des Honorardeckels als wichtiges Signal und hofft auf eine Steigerung der Attraktivität des Berufs.