Das Phänomen des "Dessertmagens" ist vielen bekannt: Obwohl nach einer üppigen Mahlzeit das Sättigungsgefühl einsetzt, findet sich oft noch Platz für ein süßes Dessert. Doch was steckt hinter diesem Phänomen? Ist es nur Einbildung oder gibt es eine wissenschaftliche Erklärung?
Wie die Zeit unter Berufung auf eine dpa-Meldung berichtet, haben Forscher am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln die neurologischen Grundlagen dieses Phänomens untersucht. Demnach ist der sogenannte "Dessertmagen" tatsächlich im Gehirn verankert. Die gleichen Nervenzellen (POMC-Neuronen), die nach dem Essen Sättigung signalisieren, lösen auch die Lust auf Süßes aus. Diese Neuronen schütten nicht nur Botenstoffe aus, die Sättigung signalisieren, sondern auch das körpereigene Opiat ß-Endorphin, welches ein Belohnungsgefühl auslöst und den Appetit auf Zucker weiter anregt. Dieser Mechanismus wird, wie idw-online.de berichtet, bereits bei der bloßen Wahrnehmung von Zucker aktiviert, noch bevor dieser überhaupt konsumiert wird.
In Versuchen mit Mäusen, die auch in der Zeit und auf stern.de erwähnt werden, zeigte sich, dass satte Mäuse trotz vollem Magen deutlich mehr Kalorien zu sich nahmen, wenn ihnen ein süßes Dessert angeboten wurde. Wurde der Opioid-Signalweg blockiert, verloren die satten Mäuse das Interesse an der süßen Nachspeise. Hirnuntersuchungen an Menschen, so die Zeit, deuten darauf hin, dass der gleiche Mechanismus auch bei uns wirkt. Die gleiche Hirnregion, die bei Mäusen auf Zucker reagiert, zeigt auch beim Menschen Aktivität.
SWR3.de verweist auf die Forschung von Barbara Rolls, die bereits in den 1980er Jahren das Phänomen der wahrnehmungsspezifischen Sättigung untersuchte. In ihren Experimenten zeigte sich, dass Menschen deutlich mehr essen, wenn ihnen verschiedene Speisen angeboten werden. Rolls vermutet, wie auch auf 20min.ch berichtet wird, dass der Körper so versucht, uns zu einer möglichst vielseitigen Ernährung zu bewegen, um eine ausreichende Zufuhr verschiedener Nährstoffe zu gewährleisten. Aus evolutionärer Sicht, so Studienleiter Fenselau in der Zeit, ist dies sinnvoll, da Zucker in der Natur selten vorkommt, aber schnell Energie liefert.
Die Forschungsergebnisse könnten auch für die Behandlung von Übergewicht relevant sein. Wie die Zeit berichtet, gibt es bereits Medikamente, die Opiat-Rezeptoren im Gehirn blockieren. Der Gewichtsverlust ist jedoch geringer als bei anderen Therapien, wie z.B. Abnehmspritzen. Studienleiter Fenselau, zitiert in der Zeit, hält eine Kombination verschiedener Therapien für denkbar, betont aber, dass weitere Untersuchungen notwendig sind.
Verwendete Quellen:
https://www.zeit.de/news/2025-02/13/warum-wir-nach-saettigung-noch-lust-auf-suesses-haben
https://nachrichten.idw-online.de/2025/02/13/dessertmagen-entsteht-im-gehirn-nervenzellen-die-uns-signalisieren-dass-wir-satt-sind-machen-auch-lust-auf-suesses
https://www.stern.de/panorama/wissen/-dessertmagen---warum-wir-nach-saettigung-noch-lust-auf-suesses-haben-35465760.html
https://www.swr3.de/aktuell/service/mythos-dessert-magen-nachtisch-und-suesses-geht-immer-warum-100.html
https://www.20min.ch/story/egal-wie-satt-darum-ist-fuer-suesses-immer-platz-575312914067
https://www.spektrum.de/news/abnehmen-kann-man-seinen-dessert-magen-austricksen/2253250