19.10.2024
Innovatives Verfahren zur Herkunftsbestimmung von Bio-Eiern
Lebensmitteltechnik: Neues Verfahren gegen Etikettenschwindel bei Bio-Eiern

Lebensmitteltechnik: Neues Verfahren gegen Etikettenschwindel bei Bio-Eiern

In den letzten Jahren hat das Interesse an Bio-Lebensmitteln erheblich zugenommen, da immer mehr Verbraucher Wert auf nachhaltige und ethische Produktionsmethoden legen. Allerdings gibt es auch immer wieder Berichte über Etikettenschwindel, insbesondere im Bereich der Eierproduktion. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, haben Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) ein neues Verfahren entwickelt, das die Herkunft von Eiern mit hoher Genauigkeit bestimmen kann.

Neuartiges Testverfahren

Das innovative Verfahren basiert auf der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR-Spektroskopie) und ermöglicht es, innerhalb kürzester Zeit festzustellen, ob ein Ei tatsächlich aus einer Biohaltung stammt. Laut Andreas Juadjur, dem Leiter der chemischen Analytik beim DIL, liegt die Treffergenauigkeit des Verfahrens bei beeindruckenden 99,9 Prozent. Dieses Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen eines Programms zur Förderung des Ökolandbaus unterstützt.

Funktionsweise des Verfahrens

Das Verfahren funktioniert, indem es einen „Fingerabdruck“ des Eis erstellt, der dann mit einer umfangreichen Datenbank verglichen wird. Um diese Datenbank zu erstellen, haben die Wissenschaftler über zweieinhalb Jahre hinweg 4.500 Eier untersucht. Die Analyse der Inhaltsstoffe eines Eis liefert wichtige Hinweise auf dessen Herkunft. Juadjur erklärt: „Wir analysieren die chemische Zusammensetzung des Eis und vergleichen diese mit unseren Referenzdaten.“

Die Rolle der Künstlichen Intelligenz

Ein wesentlicher Bestandteil des Verfahrens ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Das Ziel war es, ein Modell zu entwickeln, das Rückschlüsse auf die Herkunft von Eiern ziehen kann, selbst wenn deren Ursprung unbekannt ist. Die Genauigkeit des Verfahrens hängt dabei stark von der Validität der verwendeten Proben ab. Die Herausforderung besteht darin, dass in der konventionellen Hühnerhaltung oft nur eine begrenzte Anzahl von Hühnerrassen vorkommt, während in der ökologischen Haltung eine größere Vielfalt an Rassen vorhanden ist. Diese Rassenvielfalt hat einen direkten Einfluss auf das Inhaltsstoffprofil der Eier.

Erweiterung auf andere Lebensmittel

Das DIL hat außerdem herausgefunden, dass ähnliche Analysen auch bei anderen tierischen Lebensmitteln, wie Rindfleisch, möglich sind. Hierbei konnte der Unterschied zwischen Trocken- und Nassreifung nachgewiesen werden. Das Verfahren könnte theoretisch auf alle Lebensmittel tierischen Ursprungs angewendet werden, was weitreichende Implikationen für die Lebensmittelsicherheit und -transparenz haben könnte.

Vertrauen der Verbraucher stärken

Ein zentrales Ziel des Projekts ist es, eine verlässliche Methode zur Überprüfung der ökologischen Haltungsweise zu etablieren. Dies würde es Landwirten ermöglichen, die Richtigkeit ihrer Kennzeichnungen zu bestätigen, was wiederum das Vertrauen der Verbraucher in die Produkte stärken könnte. Juadjur betont: „Es gibt Fälle von Etikettenschwindel, und es ist wichtig, dass wir diese auf analytischer Ebene überprüfen können.“

Prävention von Lebensmittelskandalen

Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens ist die Möglichkeit, Lebensmittelskandale schneller aufzudecken. Juadjur verweist auf den Melamin-Skandal in China, bei dem schädliche Substanzen in Milchpulver eingemischt wurden, um einen höheren Proteingehalt vorzutäuschen. In diesem Fall wurden Hunderttausende Kleinkinder krank, und einige starben. Zwar hätte das NMR-Verfahren in diesem speziellen Fall das Melamin nicht nachgewiesen, jedoch hätte es Unregelmäßigkeiten in der chemischen Zusammensetzung erkannt. „Mit einer Messung können wir innerhalb von 20 Minuten Auffälligkeiten im Spektrum der Inhaltsstoffe feststellen“, erklärt er.

Zukünftige Anwendungen des Verfahrens

Das Forschungsteam um Juadjur denkt bereits über zukünftige Anwendungen des NMR-basierten Verfahrens nach. Eine vielversprechende Idee besteht darin, die Inhaltsstoffe von Hanf zu analysieren, insbesondere nach der Legalisierung von Cannabis in Deutschland. Diese Erweiterung könnte nicht nur zur Qualitätskontrolle beitragen, sondern auch neue Standards in der Lebensmitteltechnik setzen.

Fazit

Das neu entwickelte Verfahren zur Herkunftsbestimmung von Eiern stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Lebensmitteltechnik dar. Durch den Einsatz modernster Technologien wie der Kernspinresonanzspektroskopie und Künstlicher Intelligenz eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Sicherstellung von Transparenz und Sicherheit in der Lebensmittelproduktion. Verbraucher können somit mit mehr Vertrauen Bio-Produkte erwerben, während Landwirte die Möglichkeit haben, die Qualität ihrer Erzeugnisse nachzuweisen. In einer Zeit, in der Lebensmittelskandale immer wieder Schlagzeilen machen, ist dieses Verfahren ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

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