Die Lausitz, einst ein Zentrum der europäischen Glasindustrie, blickt auf eine lange Tradition in der Glasherstellung zurück. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, gilt die 1872 gegründete Gelsdorfhütte in Weißwasser als älteste Glashütte der Stadt und Ausgangspunkt für die Entwicklung der Branche in der Region. Derzeit wird das Gelände um die denkmalgeschützte Industrieruine mit Fördermitteln für den Strukturwandel saniert. Gleichzeitig stehen die verbliebenen Glashütten jedoch vor großen Herausforderungen. Hohe Energiekosten und eine schwache Absatzmarktlage belasten die Unternehmen.
Die Energiekrise in Europa stellt eine ernsthafte Bedrohung für die Glasproduktion dar, wie das Wall Street Journal berichtet. Die Herstellung von Glas erfordert das Schmelzen von Sand, Soda und Kalk bei extrem hohen Temperaturen. In Europa wurde die dafür benötigte Energie bisher größtenteils durch russisches Gas bereitgestellt. Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Lieferengpässe haben zu einem starken Anstieg der Energiepreise geführt, was die Glasindustrie stark belastet.
Nicht nur die großen Glashütten sind betroffen, auch kleinere Betriebe kämpfen mit den steigenden Kosten. Wie die BBC berichtet, musste die Glasbläserei Silver Tree Crystal in Somerset, England, nach 20 Jahren ihren Betrieb einstellen. Die hohen Energiekosten in Verbindung mit gestiegenen Importkosten nach dem Brexit und den Auswirkungen der Pandemie zwangen das Unternehmen zur Schließung. Die Managerin äußerte ihre Sorge um die Zukunft der Glasbläserkunst, da immer mehr Betriebe schließen müssen und Ausbildungsplätze verloren gehen.
Neben den Energiekosten spielen auch die CO2-Emissionen der Glasindustrie eine wichtige Rolle. Eine Studie von ScienceDirect analysiert den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen der europäischen Glasindustrie anhand von Daten des EU-Emissionshandelssystems (EU ETS). Die Studie zeigt, dass die durchschnittliche Intensität des Brennstoffverbrauchs und der direkten CO2-Emissionen der Glasindustrie in der EU25 zwischen 2005 und 2007 um etwa 4 % zurückgegangen ist. Dennoch bleibt die Branche ein bedeutender CO2-Emittent.
Die Dekarbonisierung der Glasindustrie ist eine große Herausforderung. Wie Industry Decarbonization berichtet, konzentriert sich die Branche auf die Elektrifizierung der Schmelzöfen, um den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu reduzieren. Vollelektrische Schmelzöfen existieren bereits, sind aber bisher nur in kleinem Maßstab wirtschaftlich. Hybride Schmelzöfen, die sowohl Strom als auch Gas oder Wasserstoff verwenden, könnten eine Lösung für größere Produktionsanlagen sein. Ein weiteres Problem sind die Prozessemissionen, die bei der chemischen Umwandlung der Rohstoffe entstehen. Hier könnten höhere Recyclingquoten und alternative Rohstoffe eine Rolle spielen.