Das Risiko, an Long Covid zu erkranken, hat sich in Deutschland seit Beginn der Pandemie deutlich verringert. Wie die Zeit unter Berufung auf eine Meldung der dpa vom 20. Februar 2025 berichtet, liegt das Risiko, nach einer Infektion an Long Covid zu erkranken, aktuell bei etwa ein bis zwei Prozent. Zu Beginn der Pandemie lag es noch bei sechs bis acht Prozent. Diese Entwicklung ist unter anderem auf den durch Impfungen und Infektionen erworbenen Immunschutz sowie auf die milderen Verläufe der neueren Virusvarianten zurückzuführen. Studien des University College London zeigen, dass die Omikron-Untervarianten ein ähnliches Risiko für Langzeitsymptome aufweisen wie andere Atemwegserkrankungen.
Trotz des gesunkenen Gesamtrisikos bleiben die Langzeitfolgen für die Betroffenen eine erhebliche Belastung. Die häufigsten Symptome sind laut einer Studie der Universität Freiburg, die von der Zeit zitiert wird, Müdigkeit, kognitive Störungen, Schmerzen im Brustkorb, Atemnot sowie Angstzustände, Depressionen und Schlafstörungen. Besonders problematisch ist, dass die Prognose für Betroffene, deren Symptome länger als sechs Monate anhalten, ungünstig ist. Wie Carmen Scheibenbogen von der Charité Berlin gegenüber der Zeit erklärte, haben Personen, die nach einem halben Jahr noch Symptome aufweisen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach ein oder zwei Jahren noch Beschwerden.
Die Diagnose von Long Covid gestaltet sich weiterhin schwierig. Wie Andreas Stallmach vom Universitätsklinikum Jena (UKJ) gegenüber der Zeit ausführte, gibt es keinen eindeutig messbaren Wert, der eine Diagnose ermöglicht. Viele Symptome lassen sich unterschiedlich interpretieren, und ein anfänglicher Verdacht auf Long Covid kann sich im Laufe der Zeit als eine andere Erkrankung herausstellen. Eine einheitliche, ursächliche Therapie gibt es bislang nicht. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der jeweiligen Symptome und umfasst unter anderem Bewegungstherapie, Schmerz- und Kreislaufbehandlung, Atemtherapie und Entspannungsverfahren. Bei schweren Verläufen ist es besonders wichtig, eine Überlastung der Patienten zu vermeiden.
Eine der schwerwiegendsten Folgen von Long Covid ist das ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom). Laut Stallmach, Leiter des Post-Covid-Zentrums am UKJ, sind in Deutschland schätzungsweise 150.000 bis 200.000 Menschen von ME/CFS im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung betroffen. Hinzu kommen zahlreiche Patienten, die ME/CFS unabhängig von Covid-19 entwickeln. ME/CFS ist eine komplexe Erkrankung, die durch extreme Erschöpfung und geringe Belastbarkeit gekennzeichnet ist. Viele Betroffene sind stark in ihrer Lebensführung eingeschränkt. Obwohl es bisher keine wirksame Therapie gibt, zeigt sich Stallmach gegenüber der Zeit optimistisch, dass sich dies in den nächsten Jahren ändern wird.
Neben der Entwicklung von Therapien gewinnt auch die Prävention von Long Covid an Bedeutung. Wie Scheibenbogen, Leiterin des Charité Fatigue Centrums, gegenüber der Zeit betonte, ist die Frage, wie die Entstehung von Long Covid nach einer Infektion verhindert werden kann, zentral. Mögliche Ansätze sind beispielsweise die Gabe von Metformin oder die Verwendung histaminhaltiger Nasensprays. Diese könnten zukünftig nicht nur bei Covid-19, sondern auch bei anderen Infektionen zum Einsatz kommen.
Die genauen Zahlen der Betroffenen in Deutschland sind schwer zu erfassen. Experten gehen jedoch von einer sechsstelligen Zahl aus. Wie das RKI auf seiner Webseite zum Thema Long Covid erläutert, berichten Betroffene über sehr unterschiedliche körperliche und psychische Symptome, die einzeln oder in Kombination auftreten können und von sehr unterschiedlicher Dauer sind. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind noch nicht geklärt, was die Diagnostik und Behandlung erschwert. Auch die Kosten für die deutsche Wirtschaft und das Gesundheitswesen sind beträchtlich. Eine Studie, die im BMC Health Services Research veröffentlicht wurde, schätzt die Produktionsverluste durch Long Covid im Jahr 2021 auf 3,4 Milliarden Euro und die Verluste an Bruttowertschöpfung auf 5,7 Milliarden Euro. Die finanziellen Belastungen für das Gesundheits- und Rentensystem werden auf 1,7 Milliarden Euro geschätzt.
Wie Long Covid Deutschland auf seiner Webseite berichtet, hat die Bundesregierung für den Zeitraum 2024-2028 insgesamt 153 Millionen Euro für Maßnahmen zur Versorgung und Versorgungsforschung zu Post-COVID-Syndrom & ME/CFS bereitgestellt. Zusätzlich stehen für den Zeitraum 2021-2026 insgesamt 51,5 Millionen Euro für die Erforschung von Post-COVID-Syndrom und ME/CFS zur Verfügung.
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