19.10.2024
Bangladeschs Textilsektor im Fokus: Wie das EU-Lieferkettengesetz globale Verantwortung neu definiert
Die Textilindustrie in Bangladesch steht exemplarisch für die Herausforderungen und Probleme globaler Lieferketten. Als eine der wichtigsten Exportbranchen des Landes beschäftigt sie Millionen von Menschen und ist zugleich ein Brennglas für Themen wie Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und ökonomische Abhängigkeiten. Im Zentrum der europäischen Diskussion steht derzeit das geplante Lieferkettengesetz der EU, dessen Ziel es ist, Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer gesamten Lieferkette verantwortlich zu machen. Die Debatte um das EU-Lieferkettengesetz wird kontrovers geführt. Auf der einen Seite stehen Befürworter, die argumentieren, dass europäische Unternehmen sicherstellen müssen, dass ihre Geschäftspraktiken nicht auf Kosten von Menschenrechten oder der Umwelt gehen. Sie sehen in dem Gesetz einen wichtigen Schritt, um die Ausbeutung von Arbeitskräften und die Zerstörung der Umwelt in Zulieferländern zu bekämpfen. Kritiker hingegen, wie etwa die FDP, befürchten einen übermäßigen bürokratischen Aufwand für die Unternehmen und potenzielle Wettbewerbsnachteile. Das geplante Gesetz würde, sollte es in seiner aktuellen Form verabschiedet werden, Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und einem Umsatz von über 150 Millionen Euro betreffen. Diese Unternehmen müssten nicht nur ihre eigenen Geschäftspraktiken, sondern auch die ihrer Zulieferer prüfen und sicherstellen, dass diese im Einklang mit Menschenrechten und Umweltschutz stehen. Dies gilt auch für Nicht-EU-Unternehmen, die in der EU einen Umsatz von mehr als 300 Millionen Euro generieren. Besonders hervorzuheben ist, dass das EU-Lieferkettengesetz über die bereits existierenden nationalen Regelungen hinausgeht. Das deutsche Lieferkettengesetz etwa, welches Anfang 2023 in Kraft trat, legt ähnliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen fest, betrifft allerdings bisher nur Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und ab 2024 solche mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Die Auswirkungen eines solchen EU-weiten Gesetzes auf die Wirtschaft und insbesondere auf die Lieferketten in der Textilindustrie wären umfassend. Unternehmen müssten ihre Lieferketten transparenter gestalten und möglicherweise in präventive Maßnahmen und die Überwachung ihrer Zulieferer investieren. Dies könnte kurzfristig zu höheren Kosten führen, langfristig jedoch zu einer nachhaltigeren und sozial verantwortlicheren Wirtschaftsweise beitragen. In der Praxis bedeutet die Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes für Unternehmen, dass sie ihre Due-Diligence-Prozesse anpassen und gegebenenfalls erweitern müssen. Sie werden in die Pflicht genommen, Risikoanalysen durchzuführen, Präventionsmaßnahmen zu ergreifen und über ihre Aktivitäten zu berichten. Dies erfordert nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch fachliches Know-how in den Bereichen Compliance, Nachhaltigkeit und Risikomanagement. Die Diskussionen auf europäischer Ebene zeigen, dass das Thema globaler Lieferketten und die damit verbundenen sozialen und ökologischen Herausforderungen weiterhin hohe Priorität genießen. Obwohl das Gesetz noch auf seine finale Verabschiedung wartet, ist es bereits jetzt ein Signal dafür, dass Unternehmen ihre Verantwortung für die Lieferkette ernst nehmen müssen und dass die Zeiten einer unreflektierten Globalisierung zu Ende gehen könnten. Abschließend lässt sich festhalten, dass das EU-Lieferkettengesetz das Potential hat, die Geschäftspraktiken europäischer Unternehmen nachhaltig zu verändern. Es verdeutlicht die Notwendigkeit, wirtschaftliches Handeln mit sozialer Verantwortung und Umweltschutz zu verknüpfen. Gleichzeitig wirft es Fragen nach der praktischen Umsetzbarkeit und den Auswirkungen auf den globalen Handel auf. Die kommenden Monate werden zeigen, in welche Richtung sich die Europäische Union bewegt und wie die endgültige Gesetzgebung aussehen wird.
Weitere
Artikel