Die Zahl der Firmengründungen in Deutschland ist seit Mitte der 1990er Jahre stark zurückgegangen. Wie die Zeit eine Meldung aus der DPA wiedergab, verzeichnete das Jahr 2023 zwar ein leichtes Plus von 1,3 Prozent auf rund 161.000 neue Firmen, jedoch liegt dieser Wert immer noch deutlich unter den rund 240.000 Gründungen im Jahr 1995. Während die Anzahl der Gründungen in der Gastronomie nach der Corona-Pandemie wieder zunimmt, sinkt sie in der Industrie deutlich.
Besonders stark ist der Rückgang in forschungsintensiven Industriebranchen wie Maschinenbau, Chemie und Elektrotechnik. Laut der ZEW-Studie, für die die Kreditauskunftei Creditreform Handelsregister-Daten auswertete und aufbereitete, haben sich die Gründungszahlen in diesen Bereichen seit 2002 mehr als halbiert – von 1.400 auf 625 im Jahr 2023. In weniger forschungsintensiven Branchen wie der Lebensmittel- und Textilindustrie oder der Holz- und Zementindustrie ist der Rückgang mit 27 Prozent auf zuletzt rund 5.300 geringer.
Als einen wichtigen Grund für den Rückgang nennt die Studie die Bürokratie. Eine ZEW-Umfrage unter rund 5.000 Firmen ergab, dass junge Unternehmen durchschnittlich neun Stunden pro Woche mit administrativen Aufgaben verbringen – von Datenschutzvorgaben bis zu Meldepflichten. Hinzu kommen Fachkräftemangel und hohe Energiekosten, wie ZEW-Forscherin Sandra Gottschalk erklärt. In der Chemie- und Pharmaindustrie seien die hohen Energiekosten der Hauptgrund für die zuletzt gesunkenen Gründungen. In der energieintensiven Produktion, etwa von Eisen, Stahl und Edelmetallen, sanken die Gründungen zudem 2022 und 2023 jeweils über zehn Prozent. In der Elektrotechnik und im Maschinenbau erholten sich die Zahlen zuletzt.
ZEW-Professorin Hanna Hottenrott warnt: „Weniger Neugründungen bedeuten weniger Wettbewerb, weniger Investitionen und weniger gute Aussichten für die deutsche Wirtschaft.“ Die Politik müsse Gründungen attraktiver machen.
Besonders bedenklich ist der Rückgang in forschungsintensiven Branchen, so Gottschalk. „Dort drohen Innovationslücken, die sich langfristig auch auf andere Branchen in der deutschen Wirtschaft auswirken können.“ Zwar sei gesamtwirtschaftlich betrachtet irrelevant, ob Innovationen von jungen Firmen oder von Konzernen kämen. „Wenn es weniger neue Firmen mit radikalen Ideen gibt, sinkt aber der Konkurrenzdruck auf die gesamte Branche.“
Ähnliche Beobachtungen bezüglich der sinkenden Gründungsdynamik in Deutschland, insbesondere außerhalb des High-Tech-Sektors, finden sich auch in der Studie "Industry and Productivity Dynamics in Germany" der Bertelsmann Stiftung (2021). Auch ältere Studien des ZEW, wie "High-Tech-Gründungen in Deutschland - Trends, Strukturen, Potenziale" (2008) und "High-Tech-Gründungen in Deutschland - Optimismus trotz Krise" (2009), beleuchten die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren von High-Tech-Gründungen und betonen die Bedeutung von Innovationen für die deutsche Wirtschaft. Das ZEW beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Gründungsforschung, wie auf der Webseite des Instituts deutlich wird. Das Projekt "High-Tech-Gründungen in Deutschland" aus dem Jahr 2006 unterstreicht die Bedeutung von Gründungen im Hightech-Sektor und analysiert deren Entwicklung, Merkmale und Herausforderungen.
Verwendete Quellen: