Das Verlangen nach Süßem, oft als „Zuckersucht“ bezeichnet, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Während neuronale Prozesse im Gehirn eine Rolle spielen, rückt zunehmend die Darmflora als ein wichtiger Faktor in den Fokus der Forschung. Wie eine Studie in Nature Microbiology zeigt, könnte das Bakterium Bacteroides vulgatus eine Schlüsselrolle bei der Regulation der Zuckersucht spielen (F.A.Z.).
Belgische Forscher fanden mithilfe von Tierversuchen und Studien mit über 65.000 britischen Bürgern einen engen Zusammenhang zwischen Darm, Leber und Gehirn bei der Entstehung von Zuckerverlangen. Die Studie verdeutlicht die Bedeutung der Darm-Leber-Hirn-Achse, die bereits in der Forschung bekannt war, aber deren Verbindung zur Leber nun erstmals detailliert untersucht wurde (F.A.Z.).
Bacteroides vulgatus produziert Pantothensäure (Vitamin B5), welches wiederum die Produktion des Appetitzügler-Moleküls GLP-1 im Darm anregt. GLP-1 beeinflusst die Leber, die daraufhin das Hormon FDF21 produziert. Dieses Hormon wirkt im Hypothalamus, einem Bereich im Gehirn, der das Zuckerverlangen reguliert (F.A.Z., Nature Microbiology).
Die Forscher vermuten, dass eine gezielte Beeinflussung dieser Darm-Leber-Hirn-Achse eine Möglichkeit bieten könnte, übermäßiges Verlangen nach Süßem zu reduzieren. Ob Vitamin-B5-Kuren oder eine Darmsanierung tatsächlich helfen, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt (F.A.Z.).
Die Zusammensetzung der Darmflora wird stark von der Ernährung beeinflusst. Eine zuckerreiche Ernährung kann zu einer Veränderung der Darmflora führen, die wiederum Entzündungen und eine erhöhte Durchlässigkeit des Darms begünstigen kann, wie aus einer Studie hervorgeht (Nutrients). Dies kann zu einer sogenannten metabolischen Endotoxämie führen, bei der bakterielle Lipopolysaccharide (LPS) aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen und systemische Entzündungen fördern (Nutrients).
Ein weiterer Aspekt ist der Einfluss von Zucker auf das Gedächtnis. Eine in Translational Psychiatry veröffentlichte Studie zeigt, dass eine erhöhte Zuckeraufnahme im Jugendalter zu Gedächtnisstörungen im Erwachsenenalter führen kann. Die Forscher fanden heraus, dass bestimmte Bakterienarten, die durch Zucker im Darm vermehrt auftreten, die Gedächtnisfunktion negativ beeinflussen (Translational Psychiatry).
https://www.faz.net/aktuell/wissen/zuckersucht-wie-das-verlangen-nach-suessem-zu-besiegen-waere-110272057.html
https://www.nature.com/articles/s41564-024-01917-1?error=cookies_not_supported&code=85dd7703-99db-4808-9740-742bf96f71d0
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7284805/
https://www.nature.com/articles/s41398-021-01309-7