Die Verfassungsmäßigkeit des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) steht seit Jahren im Zentrum einer hitzigen Debatte. Wie die Zeit, unter Berufung auf eine Meldung der dpa, berichtete, wird der Bayerische Verfassungsgerichtshof am 13. März seine Entscheidung zu einem umstrittenen Kernpunkt des Gesetzes verkünden. Gerichtspräsident Hans-Joachim Heßler nannte diesen Termin nach einer mündlichen Verhandlung Ende Januar 2025.
Im Kern geht es um die Frage, ob die im PAG verankerte „drohende Gefahr“ als ausreichend präziser Begriff für weitreichende Polizeieingriffe gelten kann. Die Staatsregierung argumentiert, die betreffende Vorschrift sei ausreichend präzise und damit verfassungsgemäß. Ihr Prozessvertreter, Markus Möstl, betonte laut Zeit Online die Notwendigkeit von Generalklauseln für unvorhergesehene Ereignisse und warnte vor „fatalen Schutzlücken“ im Gesetz, sollte die Norm gekippt werden.
Die Kläger, darunter die Grünen-Landtagsfraktion, die SPD und eine Popularklage, argumentieren hingegen, der Begriff der drohenden Gefahr sei zu unbestimmt. Christoph Degenhart, Prozessvertreter der Grünen, sprach laut Zeit von einem „begrifflichen Nebel“ und kritisierte die Regelung als unverhältnismäßig und verfassungswidrig. Wie die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) auf ihrer Webseite erläutert, befürchten Kritiker, dass die im PAG verankerte „drohende Gefahr“ der Polizei zu viel Ermessensspielraum bei Eingriffen in die Bürgerrechte einräumt. Die GFF bereitet laut EDRi eine Verfassungsbeschwerde gegen das PAG vor.
Der jahrelange Streit dreht sich um die Frage, ob die Eingriffsschwellen für die Polizei zu niedrig angesetzt sind. Das PAG erlaubt der Polizei frühzeitiges Eingreifen, wenn „in absehbarer Zeit Angriffe von erheblicher Intensität oder Auswirkung“ auf „bedeutende Rechtsgüter“ zu erwarten sind. Laut Zeit Online gehören dazu unter anderem „der Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes“, „Leben, Gesundheit oder Freiheit“ sowie „die sexuelle Selbstbestimmung“. Ob diese Definitionen ausreichend sind, ist Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung. Wie The Local bereits 2018 berichtete, wurden Änderungen des PAG, die den Polizeibefugnissen im Bereich der Überwachung und Inhaftierung mehr Macht verleihen, mit großer Besorgnis aufgenommen. Die Einführung des Begriffs "drohende Gefahr" im Jahr 2017, die es der Polizei erlaubt, Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine Gefahr droht, und nicht erst, wenn sie konkret eingetreten ist, stieß auf Kritik und wurde von vielen als Verstoß gegen die individuellen Rechte angesehen.
Wie LTO im Dezember 2020 berichtete, wurde das PAG nach langen Verhandlungen zwischen CSU und Freien Wählern entschärft. Die Befugnisse der Polizei bei „drohender Gefahr“ wurden eingeschränkt und das Recht auf einen Anwalt bei Polizeigewahrsam eingeführt. Diese Änderungen basieren auf den Vorschlägen einer Expertenkommission. Trotz der Entschärfungen bleibt die Frage der Verfassungsmäßigkeit des PAG weiterhin Gegenstand der juristischen Prüfung durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof.
https://www.zeit.de/news/2025-01/29/gericht-entscheidung-zu-polizeiaufgabengesetz-am-13-maerz
https://www.thelocal.de/20180515/guantanamo-bayern-why-bavarias-tough-new-police-laws-are-so-controversial
https://edri.org/our-work/gesellschaft-fur-freiheitsrechte-legal-challenge-against-bavarian-police-act/
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/pag-bayern-entschaerfen-koalition-umstrittenes-gesetz-polizei/