Der ehemalige bayerische Landesbischof und Vorsitzende des Weltkirchenrates, Heinrich Bedford-Strohm, hat die Unabhängigkeit der Kirchen im Kontext der aktuellen Migrationspolitikdebatte betont und sich kritisch gegenüber Äußerungen von Markus Söder geäußert. Wie die Zeit basierend auf einer dpa-Meldung berichtet, sagte Bedford-Strohm bei einem Gesprächsabend in Stendal: „Kirchen haben nicht die Aufgabe, den politisch Verantwortlichen nach dem Munde zu reden. Sie würden damit die Sache, für die sie stehen, im Kern verraten.“
Der Hintergrund dieser Aussage sind Äußerungen von Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU), der den Kirchen nach deren Kritik am Kurs der Union in der Migrationspolitik mehr Zurückhaltung empfohlen hatte. Wie die Zeit berichtet, verwies Söder dabei auf die Gehaltszahlungen des Freistaates an die Kirchen und betonte, die Union sei die einzige Partei, die noch an deren Seite stehe. Bedford-Strohm erwiderte darauf, dass es ein grundlegendes Missverständnis sei, Kirchen das Recht auf kritische Stellungnahmen abzusprechen. „Eine demokratische Gesellschaft braucht Kirchen, die sich öffentlich zu Wort melden, die sich besonders für die Schwachen und Verletzlichen einsetzen“, so Bedford-Strohm laut Zeit. Er fügte hinzu, dass Kirchen durch das Aussprechen von Wahrheiten, auch unbequemen Wahrheiten, zum gesellschaftlichen Diskurs und Zusammenhalt beitragen. Wie die Zeit weiter ausführt, befürchtet Bedford-Strohm, dass die Rechte der Kirchen von ihrem Wohlverhalten gegenüber der Politik abhängig gemacht werden sollen. Er kenne solche Haltungen aus autokratisch regierten Ländern, die in Demokratien keinen Platz hätten.
Die Debatte um die Rolle der Kirchen in der Migrationspolitik ist nicht neu. Wie der Pulitzer Center berichtet, spielten Kirchen und kirchliche Organisationen bereits 2015 eine wichtige Rolle bei der Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland. Der Artikel beschreibt auch die Praxis des Kirchenasyls, die von einigen Gemeinden angeboten wird, um abgelehnte Asylbewerber vor der Abschiebung zu schützen. Auch die Frage der Konversion von Geflüchteten zum Christentum und deren mögliche Auswirkungen auf das Asylverfahren werden thematisiert. Der Artikel zitiert unter anderem Bekir Alboga, Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), der die Konversion von Geflüchteten als eine Form des Missbrauchs kritisiert. Demgegenüber betont die Diakonie, das Sozialwerk der evangelischen Kirchen in Deutschland, dass ihre Arbeit allen Menschen offenstehe und humanitären Prinzipien folge.
Die Diskussion um Migration und Integration ist auch in anderen Ländern präsent. Wie die Schwedische Kirche auf ihrer Webseite darstellt, engagiert sie sich in der Unterstützung von Geflüchteten und Migranten, sowohl in Schweden als auch international. Die Kirche betont die Bedeutung der christlichen Nächstenliebe und der universellen Menschenrechte als Grundlage ihres Handelns. Sie setzt sich unter anderem für eine menschenwürdige Asylpolitik und die Integration von Geflüchteten in die Gesellschaft ein. Auch die BBC hat sich in einem Artikel mit der Geschichte der italienischen Migration nach Bedford beschäftigt und die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen beleuchtet, die diese Migration auslösten.
Die unterschiedlichen Perspektiven von Politikern, Kirchenvertretern und Medien zeigen die Komplexität der Debatte um Migration und Integration. Die Frage nach der Rolle der Kirchen in diesem Kontext bleibt weiterhin Gegenstand kontroverser Diskussionen.
https://www.zeit.de/news/2025-02/12/bedford-strohm-demokratie-braucht-unabhaengige-kirchen
https://pulitzercenter.org/stories/german-police-attempt-deport-refugees-hundreds-churches-are-trying-shelter-them
https://www.svenskakyrkan.se/migration
https://www.bbc.co.uk/legacies/immig_emig/england/beds_herts_bucks/article_1.shtml