Hessische Kommunen schlagen Alarm: Steigende Kosten und unzureichende Finanzmittel führen zu einer angespannten Haushaltslage. Wie die Zeit unter Berufung auf die dpa berichtet, beklagen Landräte und Bürgermeister im ganzen Bundesland eine zunehmende Finanznot. Landrat Andreas Siebert (SPD) vom Landkreis Kassel beschreibt die Situation drastisch: „Die Systeme bei uns implodieren gerade.“
Fünf Landräte nordhessischer Kreise haben sich mit einer Resolution an Bund und Land gewandt. Darin fordern sie eine Anpassung der Steuermittelverteilung und kritisieren die unzureichende Finanzierung der Kommunen. Siebert warnt vor massiven Sparzwängen und dem Wegfall freiwilliger sozialer Angebote, sollte keine finanzielle Verbesserung eintreten. Konkret nennt er marode Sporthallen und Kindergärten mit Personalmangel als Beispiele für die Auswirkungen der Finanznot.
Auch der Main-Kinzig-Kreis, Hessens bevölkerungsreichster Landkreis, sieht die Schieflage der kommunalen Finanzen. Landrat Thorsten Stolz (SPD) solidarisiert sich mit den nordhessischen Kollegen und betont die landesweiten Sorgen, die von maroden Krankenhäusern über Investitionsstau bei Schulen bis zu Kürzungen im kommunalen Finanzausgleich reichen. Wie die Zeit weiter meldet, belasten auch die Einbehaltung von Bundesmitteln im Bereich Flucht und Asyl durch das Land die Kommunen zusätzlich.
Die Finanznot beschränkt sich nicht nur auf ländliche Gebiete. Auch Darmstadt, die viertgrößte Stadt Hessens, kämpft mit einem Haushaltsdefizit von rund 69 Millionen Euro. Die Stadtverwaltung sieht die Gründe in den Aufgabenzuweisungen von Bund und Land, der Inflation und anderen Kostensteigerungen. Man sei so weit von einem Haushaltsausgleich entfernt wie nie zuvor, heißt es von der Stadt. Ähnlich prekär ist die Lage in Offenbach. Steigende Ausgaben im Sozialbereich, insbesondere bei der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche, führen dort zu einem Haushaltsloch. Die Stadt profitiert aktuell noch von Rücklagen, sieht aber Handlungsbedarf auf allen Ebenen.
Marburg verzeichnet nach einer Haushaltssperre bis Ende 2024 für das laufende Jahr ein Defizit von 77,5 Millionen Euro. Die Stadt erklärt, dass das Minus zwar aus der Rücklage gedeckt werden könne, aber in den kommenden Jahren reduziert werden müsse. Frankfurt am Main steht im Vergleich besser da, verfügt über stabile Steuereinnahmen, vor allem dank der Finanz- und Dienstleistungsbranche. Dennoch steigen auch hier die Kosten stärker als die Einnahmen. Die Stadt sieht sich gezwungen, Leistungen und Projekte zu priorisieren.
Das Hessische Finanzministerium verweist auf Verbesserungen der kommunalen Finanzlage in den vergangenen zehn Jahren. Der Bestand an Kassenkrediten sinke kontinuierlich und das Finanzvermögen steige. Man betont die Krisensicherheit der Kommunalfinanzen und die Unterstützung des Landes während der Corona-Krise. Der Kommunale Finanzausgleich steige 2025 erstmals auf über 7 Milliarden Euro. Das Ministerium betont außerdem die Einhaltung des Konnexitätsprinzips: „Wer bestellt, zahlt.“
Wiesbaden widerspricht dieser Darstellung. Die Stadt sieht die fehlende Konnexität als Hauptgrund für die angespannte Finanzlage. Land und Bund würden neue kommunale Pflichtleistungen beschließen, ohne die Kommunen finanziell auszustatten. Als Beispiel nennt Wiesbaden den ab 2026 geltenden Rechtsanspruch auf Grundschulkinderbetreuung, der immense Kosten verursache, die nicht durch Landes- und Bundesmittel gedeckt seien.
Die Finanznot der hessischen Kommunen ist ein komplexes Problem mit unterschiedlichen Ursachen und Auswirkungen. Während das Land auf Verbesserungen verweist, beklagen die Kommunen weiterhin unzureichende Finanzen und fehlende Konnexität. Die Debatte um die Verteilung der Steuermittel und die Finanzierung kommunaler Aufgaben dürfte weiter andauern.
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