18.10.2024
DAX auf Rekordkurs Jahresendrally oder Zwischenhoch

Woche der Rekorde: Beginnt jetzt die Jahresendrally an der Börse?

Der DAX hat in der vergangenen Woche eine beeindruckende Performance hingelegt und ist von einem Höchststand zum nächsten gesprungen. Dieser Aufschwung wurde durch die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) und einen positiven Start in die Berichtssaison beflügelt. Doch stellt sich die Frage: Ist dies bereits der Startschuss für die traditionelle Jahresendrally?

Die trübe Stimmung in der deutschen Industrie schien den DAX in der vergangenen Woche kaltzulassen. „Die Dax-Schwergewichte, die in diesem Jahr für einen Großteil der Performance verantwortlich sind, erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands und profitieren daher von der konjunkturellen Stärke im Ausland“, erklärte Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research bei Berenberg Wealth and Asset Management, gegenüber der F.A.Z.

Mit der Entwicklung der Wall Street und der amerikanischen Wirtschaft fest im Blick, erreichte der deutsche Leitindex am Dienstagvormittag mit 19.633,91 Punkten ein neues Rekordhoch. Die Hoffnung, dass eine Rezession in den USA ausbleibt, die US-Notenbank Fed aber dennoch die Zinsen weiter senken wird, gilt als wichtiger Motor für die anhaltenden Rekorde, kommentierte Chef-Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. „Getrieben wurde die Entwicklung des Dax von den Schwergewichten aus dem Technologiebereich, dem Finanz- sowie dem Industriesektor“, so Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie bei der DZ Bank, gegenüber der F.A.Z. „Aus der Automobilbranche erfährt der Dax zwar aktuell eher Gegenwind, allerdings hat sich der deutsche Leitindex im bisherigen Jahresverlauf daran bereits gewöhnt.“

Zur Wochenmitte korrigierte der Leitindex zunächst und fiel auf 19.432 Punkte zurück. Grund dafür waren enttäuschende Bilanzen europäischer Chip- und Luxuswerte sowie die Zurückhaltung vieler Anleger vor der anstehenden Leitzinsentscheidung der EZB. Der Halbleitersektor geriet besonders unter Druck, nachdem ASML, ein wichtiger Zulieferer der Branche, aufgrund einer schwachen Nachfrage seine Wachstumsziele für 2025 gekappt hatte. Die Aktien des Unternehmens fielen um bis zu 5,8 Prozent, nachdem sie am Dienstag bereits den größten Tagesverlust seit rund 26 Jahren mit einem Minus von 15,6 Prozent hinnehmen mussten.

Weiterer Zinssenkungsschritt fraglich

Am Donnerstag, dem Tag der EZB-Entscheidung, gewann der DAX neuen Schwung und kletterte nach der allseits erwarteten Leitzinssenkung um 25 Basispunkte auf einen weiteren Höchststand von 19.674 Punkten. Nach der vorherigen Zinssitzung Anfang September hatte es noch den Anschein, als würde die Notenbank die Zinsen erst im Dezember wieder senken. Da die Inflationsraten für September in mehreren Euroländern jedoch niedriger ausfielen als erwartet, wurden die Zinsen nun doch früher gesenkt. „Der Zinssenkungsschritt der EZB ist angesichts der schwachen Konjunkturdaten und der rückläufigen Inflation seit der Septembersitzung vertretbar“, kommentierte Michael Heise, Chefökonom des Family Office HQ Trust. Ob ein weiterer Zinssenkungsschritt im Dezember folge, sei jedoch fraglich.

Während am Mittwoch noch die Geschäftszahlen von ASML die Stimmung im Technologiesektor belasteten, sorgte am Donnerstag ein Gewinnsprung des taiwanischen Chip-Auftragsfertigers TSMC für Optimismus. Das Unternehmen, das unter anderem im Auftrag von Nvidia und Apple produziert, konnte seinen Gewinn im dritten Quartal um 54 Prozent steigern. Auch in Europa griffen Anleger im Halbleiterbereich wieder zu, die Aktien von Infineon stiegen um 1,7 Prozent. Getragen von sinkenden Zinsen setzten sich die Kursgewinne zum Wochenschluss fort und der DAX näherte sich wieder der Marke von 20.000 Punkten. „Die Aktienmärkte konnten zuletzt aufgrund von verbesserten Fundamentaldaten und Zinssenkungen der Notenbanken zulegen. Auch der Start in die Berichtssaison ist gelungen“, sagte Ulrich Stephan, Chefanlagestratege Deutschland für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank, der F.A.Z.

Hat die Jahresendrally bereits begonnen?

Nach einer solch positiven Woche stellt sich die Frage, ob die Jahresendrally in diesem Jahr früher begonnen hat. „Die Entscheidung über Wohl und Wehe der Jahresendrally fiel in den vergangenen fünf Jahren vor allem im November“, so Sören Hettler von der DZ Bank. Bis zur Präsidentschaftswahl Anfang November dürften einige Marktteilnehmer zunächst abwarten. „Ob und inwieweit die letzten Tage der Startschuss für eine Jahresendrally waren, dürfte außerdem von der weiteren Entwicklung im Nahen Osten abhängen“, so Hettler weiter. Eine Eskalation des Konflikts könnte die Stimmung an den Finanzmärkten nachhaltig trüben. „Die Analysten haben zuletzt die Erwartungen für die Unternehmensgewinne nach unten korrigiert und auch viele geopolitische Themen sind nicht geklärt“, gab Ulrich Stephan zu bedenken. Insofern könne es zu Korrekturen kommen. „Wir erwarten allerdings keinen nachhaltig schwachen Markt und ein insgesamt gutes viertes Quartal.“ Ob der deutsche Leitindex die 20.000er-Marke in der neuen Woche erstmals erreicht, dürfte letztlich vom Verlauf der Berichtssaison abhängen, die nun auch in Europa anzieht.

Quelle: F.A.Z.

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