In Wiesbaden plant das Linksbündnis aus SPD, Grünen, Linken und Volt, Flüchtlingen die uneingeschränkte Bargeldabhebung mit der neuen Bezahlkarte zu ermöglichen. Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichtet, wurde dies in der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses beschlossen. Der Magistrat soll nun in Verhandlungen mit dem Regierungspräsidium Gießen diese Regelung vereinbaren.
Die in Hessen geltende Bargeldobergrenze von 50 Euro monatlich, die im Dezember 2024 von Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) vorgestellt wurde (FAZ), soll damit umgangen werden. Die CDU kritisiert diesen Beschluss als einen Versuch, das System auszuhebeln. Wie die FAZ weiter berichtet, ist es fraglich, ob das Land Hessen diesem Vorhaben zustimmen wird. Die Landesregierung hatte die Bezahlkarte als Instrument zur Begrenzung illegaler Migration und zur Bekämpfung von Schleuserkriminalität eingeführt. Mit der Karte sind Überweisungen ins Ausland nicht möglich, und die Bargeldabhebung ist limitiert, um Missbrauch zu verhindern.
Der Wiesbadener Ausländerbeirat hatte den Antrag für die uneingeschränkte Bargeldabhebung gestellt. Wie aus dem Antrag hervorgeht, lehnt der Ausländerbeirat die Bezahlkarte grundsätzlich ab und sieht sie als diskriminierend an. Er befürchtet zudem mehr Bürokratie und Missbrauch durch kriminelle Strukturen. Der Ausländerbeirat argumentiert, dass der Wunsch, mit der Bezahlkarte die Fluchtmigration zu verringern, wissenschaftlich nicht haltbar sei. Diese Ansicht teilt der Flüchtlingsrat Niedersachsen, der laut einem Bericht von Netzpolitik.org die uneingeschränkte Nutzbarkeit der Karte ohne Bargeldbegrenzungen fordert, um die Selbstbestimmung der Geflüchteten zu gewährleisten. Netzpolitik.org zitiert auch Pro Asyl, die auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 verweisen, das Flüchtlingen das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zuspricht, welches die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben einschließt.
Die CDU-Stadtverordnetenfraktion kritisiert das Vorhaben des Linksbündnisses scharf. Fraktionschefin Daniela Georgi befürchtet, dass Steuergelder an Schleuserbanden oder in die Herkunftsländer fließen könnten (FAZ). Sie sieht keinen Grund für eine Abweichung von der hessenweiten Regelung. Das hessische Sozialministerium hat laut FAZ bisher keine Informationen vom Wiesbadener Magistrat erhalten und kann sich daher noch nicht zum konkreten Fall äußern.
Laut einer Stellungnahme des Wiesbadener Rechtsamtes ist eine Anpassung des Bargeldbetrages rechtlich möglich. Ein Erlass des hessischen Sozialministeriums vom 20. Dezember 2024 ermögliche der Leistungsbehörde eine Ermessensentscheidung. Der Magistrat, als Leistungsbehörde, könne die Festlegung eigenständig vornehmen, allerdings nur in Abstimmung mit dem Land Hessen. Die Einzelfallregelung war vom Land für Sonderfälle vorgesehen, beispielsweise wenn ein Flüchtling auf dem Land lebt und lokale Händler keine Visa-Karten akzeptieren (FAZ). Eine solche Situation scheint in Wiesbaden jedoch unwahrscheinlich.
Verwendete Quellen:
https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/region-und-hessen/wiesbaden-unbegrenzte-bargeldabhebung-fuer-fluechtlinge-geplant-110287947.html
https://netzpolitik.org/2024/faq-was-bezahlkarten-fuer-gefluechtete-bedeuten/
https://finanzamt.hessen.de/Wiesbaden
https://rp-giessen.hessen.de//HAVS-Wiesbaden