Die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ in Österreich sind gescheitert. Wie die Tagesschau berichtet, teilte FPÖ-Chef Herbert Kickl dies nach einem Treffen mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit. Kickl gab demnach den Regierungsauftrag zurück. Laut ZDFheute erklärte Kickl in einem Schreiben an den Bundespräsidenten, dass die Verhandlungen "zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt" gewesen seien, obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei. Die ÖVP wiederum machte die FPÖ für das Scheitern verantwortlich. Wie die Zeit eine Meldung aus der DPA wiedergab, sei die Regierungsbildung "am Machtrausch und der Kompromisslosigkeit von Herbert Kickl gescheitert", so ÖVP-Generalsekretär Alexander Pröll.
Bundespräsident Van der Bellen kündigte laut Tagesschau an, in den kommenden Tagen Gespräche mit den Parteien zu führen. Er appellierte an die Kompromissfähigkeit der Parteien und betonte die Wichtigkeit des Kompromisses für eine funktionierende Demokratie. Van der Bellen nannte vier Möglichkeiten für das weitere Vorgehen: Neuwahlen, eine Minderheitsregierung, eine Expertenregierung oder doch noch eine Mehrheitsregierung auf Basis der Wahlergebnisse vom Herbst. Wie Stephan Löwenstein in der FAZ analysiert, hat jede dieser Optionen ihre Tücken.
Die Koalitionsverhandlungen waren von Anfang an von Differenzen geprägt, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Wie die Tagesschau berichtet, war die FPÖ gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine und ist zudem extrem EU-kritisch, im Gegensatz zur ÖVP. Die unterschiedlichen Weltanschauungen der Parteien wurden in den rund vierwöchigen Gesprächen deutlich. Die ÖVP setzt auf die internationale Einbindung Österreichs, während die FPÖ den Slogan "Festung Österreich" propagiert.
Ein Hauptstreitpunkt war die Verteilung der Ministerien, insbesondere das Innenministerium. Die FPÖ pochte laut Tagesschau neben dem Kanzleramt auch auf das Finanz- und Innenministerium. Die ÖVP war ebenfalls an diesen Ministerien interessiert und bot der FPÖ im Gegenzug ein eigenes Asyl- und Migrationsministerium an. Die FPÖ lehnte dies ab und bestand darauf, das Finanzministerium zu übernehmen, um die notwendige Haushaltskonsolidierung voranzutreiben. Auch den Vorschlag der ÖVP zum Innenministerium wies die FPÖ zurück.
Wie profil.at berichtet, kritisierte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer den Verhandlungsstil Kickls und stellte dessen Regierungsfähigkeit infrage. Auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) warf Kickl "Machtrausch" vor. Innerhalb der FPÖ gab es jedoch auch Unterstützung für Kickl. Laut profil.at lobten Oberösterreichs Landeshauptmann-Stellvertreter Manfred Haimbuchner und Burgenlands FPÖ-Klubchef Norbert Hofer die Vorschläge der FPÖ.
Das Scheitern der Gespräche verhindert vorerst einen rechtspopulistischen Kanzler in Österreich. Wie die Tagesschau berichtet, wurde die potenzielle Koalition in Teilen der Bevölkerung mit Sorge beobachtet, und es gab Demonstrationen gegen den drohenden Rechtsruck. Neuwahlen sind nun eine mögliche Variante. SPÖ und NEOS hatten sich zuletzt für einen zweiten Anlauf von Dreier-Koalitionsgesprächen mit der ÖVP ausgesprochen. Alternativ wäre auch die Einsetzung einer Experten- oder Übergangsregierung durch Bundespräsident Van der Bellen denkbar.
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