17.10.2024
Weimarer Republik Entscheidungen und Wendepunkte

Der Historiker und Publizist Jens Bisky widmet sich in seinem neuen Buch „Die Entscheidung“ den Jahren 1929 bis 1934 in Deutschland, einer Zeit des Umbruchs und des Niedergangs der Weimarer Republik. Wie der Titel bereits andeutet, rückt Bisky die Entscheidungsfindungsprozesse und Wendepunkte in den Vordergrund, die letztlich zur Etablierung des Nationalsozialismus führten.

Biskys Ausgangspunkt ist der Tod Gustav Stresemanns im Oktober 1929. Stresemann, als Außenminister der Weimarer Republik maßgeblich an der internationalen Verständigungspolitik beteiligt, galt vielen Zeitgenossen als Garant für Stabilität und Demokratie. Sein Tod hinterließ eine politische Lücke, die den Aufstieg radikaler Kräfte begünstigte. Die Weltwirtschaftskrise, die im selben Jahr ihren Anfang nahm, verschärfte die innenpolitischen Spannungen in Deutschland zusätzlich. Die Weimarer Republik, bereits seit ihrer Gründung von Instabilität und Krisen geprägt, sah sich mit massiver Arbeitslosigkeit, sozialer Not und politischer Radikalisierung konfrontiert.

In dieser Situation, so Bisky, habe sich die Frage nach dem Fortbestand der Republik gestellt. Die NSDAP, bis dahin eine marginale politische Kraft, gewann unter der Führung Adolf Hitlers zunehmend an Einfluss. Die etablierten Parteien, zerstritten und handlungsunfähig, unterschätzten die Gefahr von rechts und erwiesen sich als unfähig, die Krise zu bewältigen. Die politische Mitte erodierte, während die Ränder stärker wurden.

Bisky zeichnet in seinem Buch ein detailliertes Panorama dieser Zeit. Er analysiert die politischen Ereignisse, die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen sowie die kulturellen Strömungen, die den Untergang der Weimarer Republik begleiteten. Dabei lässt er auch die Stimmen der Zeitgenossen zu Wort kommen – Politiker, Journalisten, Intellektuelle, aber auch „einfache“ Bürger. Anhand von Tagebucheinträgen, Briefen und anderen zeitgenössischen Dokumenten rekonstruiert Bisky die Atmosphäre der damaligen Zeit und die Wahrnehmung der Ereignisse durch die Menschen.

Besonders interessant ist Biskys Analyse der Rolle der Eliten. Er argumentiert, dass nicht nur die Nationalsozialisten, sondern auch Teile der Konservativen und des Bürgertums die Demokratie ablehnten und den Weg in die Diktatur ebneten. Die Sehnsucht nach einem starken Führer, die Angst vor dem Bolschewismus und die Bereitschaft, die Demokratie für vermeintliche Sicherheit und Ordnung zu opfern, ebneten Hitler den Weg zur Macht.

Biskys Buch ist eine wichtige und aktuelle Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte. Es zeigt, wie schnell eine Demokratie in Gefahr geraten kann, wenn die politischen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse sich verschieben und die demokratischen Institutionen geschwächt werden. Die Parallelen zur Gegenwart, mit dem Aufstieg populistischer Bewegungen und der Erosion des Vertrauens in die Demokratie, sind unübersehbar.

In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ schreibt Andreas Kilb über Biskys Buch: „Der Weg zu Hitler war ein Konkurrenzkampf zwischen verschiedenen Reaktionären: Jens Bisky erzählt vom Untergang der Weimarer Republik.“

Quellen:

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